Wer Begehrt
Einlass?
Gerne wird erzählt, dass seit Jahrhunderten die Bestattung der verstorbenen Habsburger nach dem immer gleichen Procedere abläuft. Gut bekannt sind die Geschichten rund um ein dreifaches Anklopfzeremoniell und das rituelle Verweigern des Einlasses. Doch wie alt ist dieses Zeremoniell wirklich?
"Wer begehrt Einlass?"
... fragte der damalige Kustos der Wiener Kapuzinergruft, Pater Gottfried Undesser, am 16. Juli 2011, als der Leichnam Otto Habsburgs zur letzten Ruhe in die Gruft überführt werden sollte und der Zeremonienmeister an die wuchtige Kirchentür geklopft hatte.
Der Zeremonienmeister nannte daraufhin die Titel Ottos, woraufhin von innen zu hören war: "Wir kennen ihn nicht!". Zweimal wiederholte sich die Frage nach dem Verstorbenen und die Aufzählung seiner Titel, bis der Sarg schließlich in die Kapuzinergruft aufgenommen wurde und seinen Platz unter den Familienmitgliedern der Habsburger fand.
Alles folgte also dem jahrhundertealten Ritus, der bestimmend war für den letzten Weg der Kaiser und Kaiserinnen, Erzherzoge und Erzherzoginnen der Familie Habsburg.
Denkt man.
Tatsächlich kennt man nur sehr wenige Berichte über ein solches Ritual, wie es für Otto veranstaltet wurde. Sowohl die Titel Kaiser Josephs II. als auch des Herzogs von Reichstadt, Sohn einer Habsburgerin und Napoleons, wurden vor dem Eingang zur Kapuzinergruft verlesen, doch den genauen Wortlaut findet man nicht überliefert. Außerdem gibt es einige Erzählungen über die Bestattung der Mitglieder der Kaiserfamilie, in denen das „althergebrachte“ Zeremoniell nicht erwähnt wird.
Erst Zita, die 1989 bestattet wurde, wünschte sich ein Klopfritual, wie es angeblich historisch belegt sei. Nur die letzten 30 Jahre oder eigentlich die letzten zwei Bestattungen in der Kapuzinergruft sind also sicher so abgelaufen, wie es „immer schon war“.