MARIA THERESIA,
IMPFBEFÜRWORTERIN
Zum ersten Mal zu unseren Lebzeiten müssen wir mit einer Pandemie zurechtkommen. Alles scheint neu und ungewohnt. Doch auch schon früher gab es Phasen, in denen Seuchen das Leben der Menschen bestimmten.
Das Coronavirus, die Lockdowns rund um die ganze Welt und das begehrliche Warten auf einen Impfstoff haben 2020 für eine Situation gesorgt, die uns vollkommen neu und noch nie dagewesen scheint.
Tatsächlich hat die Welt aber schon mehrfach Pandemien erlebt. Während der Regierungszeit Maria Theresias waren es die Pocken, die Europa in Angst und Schrecken versetzten. Später mussten sich Franz II.(I.) und Franz Joseph um die Bewältigung der Cholera kümmern. Epidemien gab es immer wieder und leider viel zu oft.
Gerade die Pocken waren eine Krankheit, die auch unter den Habsburgern gefürchtet waren. Maria Theresia verlor drei ihrer Töchter an die Pocken. 1767 erkrankte die Kaiserin selbst, erholte sich aber wieder. Für Kinder waren die Pocken sehr oft tödlich, aber auch für Erwachsene, und selbst die, die wieder genasen, waren häufig von den Pockennarben entstellt und mussten mit Langzeitfolgen leben. Für Herrscherhäuser bedeutete ein Pockenausbruch mitunter, dass Thronfolger und Fortbestand der Monarchie gefährdet waren.
Die wichtigsten Maßnahmen, die man im 18. Jahrhundert gegen die Pocken einzusetzen versuchte, ließ Maria Theresia 1770 im sogenannten „Sanitätshauptnormativ“ festschreiben: Erkrankte sollten isoliert werden, in Quarantäne gehen und zentral gemeldet werden.
1768 gab es einen Hoffnungsschimmer: Lange hatte die Medizin versucht, eine wirksame Bekämpfung der Pocken zu finden und nun schien die Möglichkeit zum Greifen nahe: die Variolation.
Eine Variolation (nach dem Namen „variola“ für Pocken) sah damals vor, menschliches Pockensekret unter die Haut einzuimpfen. Das klang gefährlich, doch angesichts der grassierenden Epidemie und der hohen Todeszahlen ließ Maria Theresia 1768 eine erste Impfstation in Wien einrichten und einen ersten größeren Impfversuch starten. Die kaiserliche Familie, Kinder wie Erwachsene, ließen sich damals impfen und wurden dadurch immunisiert.
Trotz der Skepsis der Bevölkerung wurden die Menschen nach und nach geimpft. Als Ende des 18. Jahrhunderts eine Impfung mit Kuhpocken entwickelt wurde, wurde die Bevölkerung dazu aufgerufen, sich immunisieren zu lassen. Wien war damit eine der ersten Städte, in der diese Form von Impfungen durchgeführt wurde. Schon 1801 gab es eine „Vaccinations-Anstalt“, in der Kinder unentgeltlich gegen die Pocken geimpft werden konnten.
Infolgedessen gingen die Pockenfälle in Österreich immer mehr zurück, die Pocken verloren an Schrecken und die Immunisierung wurde als nicht mehr so nötig gesehen wie noch zu Zeiten, als man jederzeit um das Leben seiner Liebsten fürchten musste.
Im 19. Jahrhundert schlugen die Pocken noch einmal zu: Mit den aus dem deutsch-französischen Krieg zurückkehrenden Soldaten kam die Krankheit wieder nach Österreich und konnte sich, weil nur noch wenige Menschen geimpft waren, wie im Flug verbreiten. Man reagierte mit einer verpflichtenden Impfung für Schulkinder, daraufhin sanken die Fallzahlen wieder. Heute gelten die Pocken als ausgerottet.
Quellen:
Sattmann, Hörweg, Stagl, Johann Gottfried Bremser (1767-1827) und die Kuhpockenimpfung, in: Wien Klin Wochenschrift (2014), S. 3-10.
Moser, Patzak: Variola: zur Geschichte einer museal präsenten Seuche, in: Wien Klin Wochenschrift (2008) S.3-10.